Beim zweiten Baröpchen Poetry Slam traten im November sechs wortgewandte Uni-Literat*innen mit ihren Texten gegeneinander an.
Vor der improvisierten Bühne im Baröpchen, in einem Raum, in dem sonst hauptsächlich Beer Pong gespielt wird, haben sich rund Vierzig Studierende versammelt. Der Poetry Slam ist gut besucht, fast schon zu gut. Einige der Zuschauer*innen haben auf dem Boden Platz genommen oder aus umgedrehten Bierkisten Sitzmöglichkeiten gebastelt. Am Rand neben der Bühne ist die Bank einer Biergartengarnitur aufgestellt. Hier haben die Slammer*innen Platz genommen. Fast jede*r trägt ein Blatt Papier bei sich. Die Seiten rascheln leise. Nervöses auf- und zufalten mischt sich unter Stimmengewirr und das Klirren von Bierflaschen. Jessica Eberle ist eine von ihnen. Etwas aufgeregt ist sie immer bevor sie auf die Bühne geht, aber das findet sie bloß halb so schlimm. „Das Gefühl, wenn man es geschafft hat und die Leute einen anlächeln oder nach dem Auftritt sogar ein Kompliment machen, das gleich die ganze Nervosität gleich wieder aus“, meint die Studierende. Mit ihren zwei Auftritten ist sie noch ein Szene-Neuling. Poetry Slams sind jedoch generell immer nach demselben Muster aufgebaut. Beim Baröpchen Slam wird, ebenso wie bei anderen auch, klassisch über das Applausometer entschieden. Das bedeutet, das Publikum ist die Jury und die Person, die den meisten Applaus bekommt, gewinnt. Bevor der Wettbewerb jedoch startet, stellt sich ein sogenanntes Opferlamm mit einem eigenen unabhängigen Vortrag dem Publikum. Im Baröpchen übernimmt die Moderierende Rabea Gruber diese Rolle. Ihr humorvoller Text über ihre ältere Schwester, die so langsam zum Spießer mutiert, ist der Auftakt des Abends.
„Poetry Slams sind meine Form, etwas zu sagen“
Jessica haben Poetry Slams schon immer gefesselt: „Dann dachte ich halt:
Cool, ich will auch mal was versuchen.“ So begann ihre Leidenschaft fürs Slammen. Im Sommer ergriff sie dann im Rahmen eines Schreib-Seminars ihre Chance und verfasste ihren ersten eigenen Text. Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen und Jessica hat sich immer wieder getraut, den Schritt auf die große Bühne zu machen. Um das Gewinnen geht es für sie dabei nicht: „Ich schreibe Poetry Slams, weil das meine Form ist, etwas zu sagen. Weil ich mich so am besten verstanden fühle.“ Neben ihr treten auch noch fünf weitere Studierende beim zweiten Baröpchen Slam auf. Im Wintersemester 2016/2017 fand bereits der erste Slam in der Studierendenkneipe statt. Weil sie beim ersten Mal so gut ankam, wird die Veranstaltung nun wiederholt. Von den sechs Teilnehmenden treten jeweils zwei in einer Vorrunde gegeneinander an. Die drei Gewinner*innen können dann in einem Finale erneut ihr Können unter Beweis stellen. Das Zusammentreffen mit den anderen Schreibenden sieht Jessica als Bereicherung. „Ich höre mir das bei anderen gerne an und denke mir: So wie du das ausgedrückt hast, habe ich das noch nie gehört, aber ich fühle mich voll verstanden .“ Für sie ist gerade diese Erfahrung bei Poetry Slams sehr wertvoll: „Ich liebe diese Aha-Momente.“
„Das Schöne ist, mit den Leuten zusammen zu kommen“
Letztlich geht es aber auch um Ruhm und Ehre, die sich die Literat*innen erst einmal mit ihrer Poesie erkämpfen müssen. So erklärt es zumindest Felix Hageneier in seiner Anmoderation. Im ersten Duell des Abends treffen Kimberly Becker und Lydia Münstermann mit zwei ernsteren Texten aufeinander. Dabei tut sich Kimberly mit „75 Karusselpferde“ als Sieger*in hervor. In ihrem Slam problematisiert sie Themen wie Körperbild und Selbstzweifel. In der zweiten Vorrunde setzt sich Lennart Geisel mit seinem „Ruhrpott“-Text gegen Celine Puritz und ihre „Apokalypse“ durch. Zuletzt treten Jessica und Kathrin Schobel gegeneinander an. Während Jessica in ihrem Slam „Schokoladé –Teilen tut weh“ über die Liebe zur Schokolade spricht, wirft Kathrin einen humorvollen Blick auf das alljährliche Weihnachtsfest und ergattert damit den letzten Platz im Finale. Nach einer kurzen Pause, die allen Zuschauenden die Möglichkeit bietet, frische Luft zu schnappen und vor allem frisches Bier zu holen, füllt sich der Raum wieder. Einige Stehende haben das Glück nun Sitzplätze ergattert zu haben, andere haben ihre wiederum verloren. Noch einmal werden die drei Finalist*innen auf die Bühne gebeten, um jeweils einen neuen Text zu präsentieren. Mit „Ode an die Freunde“ (Kimberly), „Modernes Ich“ (Lennart) und „Heute sind wir damals“ (Kathrin) werden drei grundverschiedene, jedoch allesamt stark bejubelte Slams performt. Unter reichlich Applaus und mit schmerzenden Händen kürt das Publikum schließlich Kathrin Schobel als Gewinner*in des zweiten Baröpchen Slams. Als Preis kann die Studierende nicht nur Ruhm, sondern auch eine Flasche Rum und Ehre nach Hause tragen. Auch wenn sie es nicht ins Finale geschafft hat, geht Jessica abends mit einem positiven Gefühl heim: „Das Schöne bei Slams ist einfach, mit den Leuten zusammen zu kommen und die sind super nett gewesen. Das war ein toller Abend!“ Diesen Eindruck teilt offensichtlich auch das Publikum, das zum Abschied alle Slammer*innen noch mal mit Applaus verabschiedet. Langsam zerstreuen sich die Leute. Einige helfen beim Abbau der Sitzreihen, andere kickern oder quatschen an der Bar. Der Slam ist vorbei, doch der Abend hat gerade erst begonnen.
Text: Laura Spilker | Foto: Kathi Berbert